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12. Juni 2023

„Fiktive Schadensberechnung“ im Mietrecht zulässig

Unter „fiktiver Schadensberechnung“ versteht man vereinfacht ausgedrückt die Abrechnung eines Schadens anhand fiktiver (nur kalkulierter) Kosten, also z.B. anhand einer Kostenschätzung durch einen Sachverständigen. Konkrete Kosten müssen noch nicht angefallen sein. Konkrete Kosten müssen nicht nachgewiesen werden. Dies bleibt im Mietrecht zulässig, wie der Bundesgerichtshof kürzlich mit Urteil vom 19.04.2023, VIII ZR 280/21, entschied.

von Dr. Sebastian Bartelt

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können im Mietrecht Schadensersatzansprüche statt der Leistung auch mit den für die Instandsetzung oder die Instandhaltung der Mietsache erforderlichen aber (noch) nicht aufgewendeten ("fiktiven") Kosten berechnet werden.

Dies hat der Bundesgerichtshof jetzt aktuell nochmals bestätigt (BGH, Urteil vom 19.04.2023, VIII ZR 280/21).

Zu dieser Klarstellung sah sich der Bundesgerichtshof veranlasst, da er im Baurecht eine solche fiktive Schadensberechnung bei Mängeln für unzulässig erachtet. Im Baurecht bzw. im Werkvertragsrecht ist es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichthofs (konkreter: Des VII. Zivilsenats, der u.a. für Bauverträge und Werkverträge zuständig ist) nämlich nicht zulässig, Schadensersatz nach den fiktiven Mängelbeseitigungskosten zu bemessen.

In seinem neuen Urteil, das zu einem Wohnraummietvertrag ergangen ist, dessen Grundsätze aber auch im gewerblichen Mietrecht Anwendung finden werden, führt der für das Mietrecht und das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hierzu wörtlich aus:

„Hieran ist auch nach der vom Berufungsgericht zur Begründung seiner gegenteiligen Ansicht herangezogenen geänderten Rechtsprechung des VII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs bezüglich des Werkvertragsrechts (BGH, Urteil vom 22. Februar 2018 - VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1 Rn. 31 ff.) weiter festzuhalten (vgl. Senatsbeschlüsse vom 26. April 2022 - VIII ZR 364/20, NJW-RR 2022, 1307 Rn. 8 ff.; vom 10. Mai 2022 - VIII ZR 277/20, NJW-RR 2022, 1460 Rn. 14 ff.; Grüneberg/Weidenkaff, BGB, 82. Aufl., § 535 Rn. 50; aA Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, Mietrecht, 15. Aufl., § 538 BGB Rn. 136). Denn die Erwägungen des VII. Zivilsenats beruhen allein auf den Besonderheiten des Werkvertragsrechts und sind - auch nach dessen Ansicht - auf andere Vertragstypen nicht übertragbar (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Oktober 2020 - VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53 Rn. 78; vom 26. April 2022 - VIII ZR 364/20, aaO Rn. 9 mwN; vom 10. Mai 2022 - VIII ZR 277/20, aaO Rn. 15 mwN).“

Gemäß dem Urteil des Bundesgerichtshofs im Mietrecht bleibt die fiktive Schadensberechnung bei beendetem Mietverhältnis also weiterhin möglich. Der Streit in einem konkreten Fall entstand, als ein Vermieter von seinen ehemaligen Mietern im Wesentlichen fiktiv berechneten Schadensersatz für unterlassene Schönheitsreparaturen und Rückbauten von Mietereinbauten verlangte. Die Vorinstanzen hatten die Ansprüche des Vermieters abgelehnt, da eine fiktive Schadensberechnung nicht zulässig sei. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil auf und verwies den Fall zurück. Er betonte, dass Schadensersatzansprüche im Mietrecht auch anhand der voraussichtlich erforderlichen, aber noch nicht aufgewendeten Kosten berechnet werden dürfen. Das Landgericht muss nun weitere Feststellungen zu Grund und Höhe der Ansprüche treffen. Die fiktive Schadensberechnung im Mietrecht berge keine Gefahr einer Überkompensation, solange nur die zur Erfüllung der Leistungspflicht erforderlichen Kosten beansprucht werden und der Grundsatz von Treu und Glauben beachtet wird.

Damit bleibt die Unzulässigkeit der fiktiven Schadensberechnung eine Besonderheit des Baurechts, die bislang vom Bundesgerichtshof nicht auf andere Vertragstypen oder Fallgestaltungen übertragen wurde.

Vermieter können also bei Beschädigungen der Mietsache, unterbliebenen Rückbauten von Mietereinbauten und bei unterlassenen Schönheitsreparaturen weiterhin „fiktiv“, z.B. auf Grundlage eines Angebots eines Handwerkers oder auf Grundlage von geschätzten Kosten eines Sachverständigen, vom Mieter Schadensersatz verlangen, wenn die entsprechenden Voraussetzungen hierfür vorliegen. Das Urteil ist insoweit von Interesse, da es die Art der Schadensberechnung bestätigt hat.

Mietrechtliche Beratung und Vertretung erfolgt in unserer Kanzlei durch Herrn Rechtsanwalt Schauch, Herrn Rechtsanwalt Tsangaris, Herrn Rechtsanwalt Rau, Herrn Rechtsanwalt Dr. Bartelt, Frau Rechtsanwältin Schnittert und Frau Rechtsanwältin Anders.

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