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6. Februar 2023

Krank = krank?
Der Nachweis der Arbeitsunfähigkeit

Nach Angaben des statistischen Bundesamtes war im Jahr 2021 jeder Mitarbeiter im Durchschnitt 11 Tage krank. Bei dieser Zahl ist allerdings zu berücksichtigen, dass hierbei Erkrankungen, bei denen ein Nachweis der Arbeitsunfähigkeit arbeitsvertraglich nicht erbracht werden muss (üblicherweise 3 Tage) nicht berücksichtigt wurden. Insoweit könnte die vorgenannte Zahl auch höher liegen.

von Dr. Svenja Kahlke-Kreitzberg

Der Umgang mit Krankheitszeiten im Betrieb ist oft geprägt von einer gewissen Resignation, liegt eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor, dann muss man die Erkrankung in der Regel hinnehmen. Das ist vom Grundsatz so richtig, dennoch gibt es immer mal wieder Ausnahmen, so in einem vom LAG Rheinland-Pfalz entschiedenen Fall (Urt. v. 22.04.2022, Az.: 1 Sa 484/21):

https://www.landesrecht.rlp.de/bsrp/document/JURE220030598

Der dortige Kläger nahm seine Arbeit nach einer über 17 Monate andauernden Arbeitsunfähigkeit wieder auf. Allerdings wurde er nicht an seinem bisherigen Arbeitsplatz im Lager eingesetzt, sondern erhielt kurzfristig anfallende Sonderaufgaben. Nach einer neuerlichen Krankschreibung und Wiederaufnahme der Arbeit wurde dem Kläger einige Tage später eine schriftliche Arbeitsanweisung für diesen Tag vorgelegt, nach der dieser bestimmte Arbeiten erbringen sollte. Er äußerte sich hierzu ablehnend und verließ seinen Arbeitsplatz. Mit E-Mail vom gleichen Tag teilte der Kläger sodann mit, dass er bis zum 27.05.2020 krankgeschrieben worden sei. Hierzu existierte eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die als Erstbescheinigung ausgestellt ist und unter Diagnose angibt „Z60G“. 

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis wegen Verdachts eines Vortäuschens seiner Arbeitsunfähigkeit. Das LAG erachtete die Anhaltspunkte im vorliegenden Fall für ausreichend und wies die Kündigungsschutzklage ab.

Für erheblich erachtete das LAG hier bereits, dass die behauptete Arbeitsunfähigkeit in unmittelbarem Zusammenhang mit der Erteilung einer dem Kläger missliebigen Arbeitsanweisung erfolgte. Vor der Arbeitsanweisung sei von Beschwerden keine Rede gewesen. Weiter habe er angeben, er habe Magenbeschwerden. Bei der ärztlichen Untersuchung gab er allerdings andere Beschwerde an. Zudem attestierte der Arzt die Diagnose „Z60G“, hier werden Kontaktanlässe mit Bezug auf die soziale Umgebung erfasst. Hierzu führt das LAG aus, dass in diesen Fällen Sachverhalte als Diagnosen oder Probleme angegeben werden, die nicht als Krankheit, Verletzung oder äußere Ursache klassifizierbar sei und es damit bereits an dem für die Annahme einer Arbeitsunfähigkeit konstitutiven Merkmal der Krankheit fehle.

Die Besonderheit in dem vorliegenden Fall liegt darin, dass das LAG den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung als erschüttert ansah. Einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wird im Allgemeinen ein Anscheinsbeweis zugesprochen, der von Arbeitgeberseite zunächst Indizien entgegengehalten werden müssen, damit das Gericht hier Zweifel an der Arbeitsfähigkeit bekommt. Erst dann ist die Arbeitsnehmerseite verpflichtet hier überhaupt erst etwas zu der Erkrankung, die zu einer Beeinträchtigung der Arbeitsunfähigkeit führt zu sagen.

Insoweit macht es erst Sinn, wenn man solche Anhaltspunkte hat, überhaupt die Arbeitsunfähigkeit anzuzweifeln. Diese können wie hier in einem Verhalten am Arbeitsplatz, aber auch in der Freizeit liegen.

So verhielt es sich auch im bereits von der Presse vielbeachteten Urteil des ArbG Siegburg (Art. V. 16.12.2022, Az.: 5 Ca 1260/22).

https://www.justiz.nrw.de/JM/Presse/presse_weitere/PresseLArbGs/10_01_2023_/

Dort hatte sich eine Pflegekraft, die am Wochenende für den Spätdienst eingeteilt war, krankgemeldet. Kurze Zeit später tauchten Bilder der feiernden Klägerin im Internet auf. Gegenüber dem Arbeitgeber hatte die Klägerin noch nach Wiederkehr mitgeteilt, sie habe Grippesymptome gehabt und sich fiebrig gefühlt. Im Prozess trug die Klägerin dann vor, sie habe an einer zweitägigen psychischen Erkrankung gelitten. Hieran hatte das Gericht erhebliche Zweifel auch vor dem Hintergrund, dass die Erkrankung ohne therapeutische Maßnahmen nach dem Wochenende wieder ausgeheilt war. Das Arbeitsgericht wies die Kündigungsschutzklage ab und hielt die frostlose Kündigung für gerechtfertigt.

Beide Urteile zeigen, dass sich eine genaue Beurteilung des Sachverhaltes durchaus lohnt. Letztlich handelt es sich allerdings jeweils um Einzelfallentscheidungen.

Arbeitsrechtliche Beratung und Vertretung erfolgt in unserer Kanzlei durch Frau Rechtsanwältin Dr. Svenja Kahlke-Kreitzberg und Herrn Rechtsanwalt Bastian Schauch.

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Dr. Svenja Kahlke-Kreitzberg

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